Zwei Hände die Euroscheine halten

Eine kritische Analyse der Gehaltsunterschiede zwischen Zeitarbeit und Festanstellung

Liebe Leserinnen und Leser,

heute möchte ich mit Ihnen über ein hochaktuelles und oft kontrovers diskutiertes Thema sprechen: die Gehaltsunterschiede zwischen Zeitarbeit und Festanstellungen. Die Zeitarbeitsbranche ist in Deutschland nach wie vor umstritten, besonders im Hinblick auf die Bezahlung von Arbeitnehmern. In diesem Blog werde ich die verschiedenen Aspekte der Vergütung in Zeitarbeit beleuchten und einen kritischen Blick auf die finanziellen Vor- und Nachteile im Vergleich zu Festanstellungen werfen.

Die Grundlage für die Vergütung von Zeitarbeitnehmern bildet das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG). Gemäß diesem Gesetz ist der Arbeitgeber, sprich die Zeitarbeitsfirma, dazu verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer während der Überlassungszeit die gleichen wesentlichen Arbeitsbedingungen, einschließlich des Arbeitsentgelts, zu gewähren wie vergleichbaren Stammmitarbeitern im Einsatzbetrieb. Dieser sogenannte Gleichstellungsgrundsatz soll sicherstellen, dass Leiharbeiter fair behandelt und nicht benachteiligt werden.

Jedoch wird in der Praxis deutlich, dass es zu Abweichungen kommt, besonders wenn ein Tarifvertrag Anwendung findet. Ein Tarifvertrag kann vom Gleichstellungsgrundsatz abweichen, solange er die gesetzlich festgelegten Mindeststundenentgelte nicht unterschreitet. In vielen Fällen sehen Tarifverträge vor, dass die Vergütung für Leiharbeiter höher als der gesetzliche Mindestlohn sein muss. Dennoch ist es von großer Bedeutung, dass Zeitarbeitsunternehmen die Mindeststandards einhalten, um Lohndumping zu verhindern.

Ein weiterer relevanter Faktor bei der Gehaltsbetrachtung ist die Flexibilität der Arbeitszeiten in der Zeitarbeit. Zu Beginn der Beschäftigung können die Gehälter niedriger ausfallen, steigen jedoch im Verlauf der Zeit, bis sie das Niveau der vergleichbaren Stammmitarbeiter erreichen. Allerdings ist zu beachten, dass dieser Prozess bis zu 15 Monate dauern kann und voraussetzt, dass der Leiharbeiter während dieser Zeit ununterbrochen beim gleichen Entleiher eingesetzt ist. Da die Einsätze von Leiharbeitern häufig kürzer sind, kann dies bedeuten, dass das Gehalt während der Einsätze niedriger bleibt.

Ein weiterer wichtiger Gesichtspunkt ist der seit 2015 geltende allgemeine gesetzliche Mindestlohn, der auch für Zeitarbeiter gilt. Im Jahr 2023 beträgt der gesetzliche Mindestlohn 12 Euro pro Stunde. Dieser soll sicherstellen, dass auch Zeitarbeiter fair entlohnt werden und keine Dumpinglöhne erhalten.

Trotz der gesetzlichen Regelungen ist es jedoch von entscheidender Bedeutung, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihre Rechte genau kennen und sich nicht mit einer unfairen Bezahlung zufriedengeben. Wenn ein Arbeitsvertrag eine Vergütung vorsieht, die niedriger ist als die tariflich vereinbarten Mindeststundenentgelte, haben Leiharbeiter das Recht, dagegen vorzugehen.

Nun möchte ich die Diskussion in einem anderen Licht betrachten. Eine Diskussion Teilnehmerin berichtete, dass bei ihrem Wechsel von der Zeitarbeit in eine Festanstellung nur ein geringfügiger Aufschlag von gerade einmal 100 Euro geboten wurde, was lediglich einer Erhöhung des Bruttogehalts von 3% entsprach. Andererseits erzählte sie von Fällen, in denen Kollegen bei einer Übernahme aus der Zeitarbeit eine Steigerung von 33% bis sogar 66% ihres vorherigen Bruttogehalts erhielten. Es stellt sich die Frage, ob solche beträchtlichen Gehaltssteigerungen die Ausnahme sind oder ob es üblich ist, bei einem Wechsel von Zeitarbeit zu einer Festanstellung derartige Anschläge zu erhalten.

Eine kritische Betrachtung zeigt, dass Vermutungen und Annahmen bezüglich der Gehaltssteigerung wenig aussagekräftig sind. Ein Unternehmen wird einem Arbeitnehmer nur das anbieten, was er als angemessen erachtet und nicht unbedingt das, was der Arbeitnehmer persönlich für gerechtfertigt hält. Es ist wichtig, eine fundierte Argumentation für eine Gehaltserhöhung vorzubereiten und nachvollziehbare Gründe anzuführen, beispielsweise hervorragende Leistungen, Zuverlässigkeit oder Mehrwert für das Unternehmen.

Des Weiteren ist zu beachten, dass die Gehaltshöhe von vielen Faktoren abhängt, darunter die individuelle Ausbildung, die Berufserfahrung, die Position und die Branche. Es wäre verfehlt zu erwarten, dass ohne eine Änderung der Aufgaben oder zusätzliche Qualifikationen eine Gehaltssteigerung von 33% realistisch ist. Stattdessen ist eine realistische Einschätzung eine Gehaltssteigerung von etwa 5-10% bei einer deutlichen Unterbezahlung.

Abschließend möchte ich betonen, dass es in der Zeitarbeitsbranche sicherlich Fortschritte gegeben hat, um die Arbeitsbedingungen und die Bezahlung zu verbessern. Dennoch sollten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihre Rechte kennen und für eine faire Bezahlung einstehen. Eine kritische Auseinandersetzung mit dem Thema Gehaltsunterschiede zwischen Zeitarbeit und Festanstellungen ist von entscheidender Bedeutung, um langfristig gerechte und faire Arbeitsbedingungen für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu erreichen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit, und ich hoffe, dass dieser kritische Blog Ihnen einen Einblick in das kontroverse Thema der Gehaltsunterschiede zwischen Zeitarbeit und Festanstellungen gegeben hat.

Ihr Jens Faust

Bild von Niek Verlaan auf Pixabay

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